Société Genevoise d’Études Allemandes

Ivna Zic (Zürich und Wien) liest aus «Wahrscheinliche Herkünfte»

Foto (c): BAK/ Julien Chavaillaz.

Ivna Žics beeindruckender, mehrfach ausgezeichneter Debütroman Die Nachkommende (2019) erzählt von einer dreitägigen Sommerreise, die von Paris nach Zagreb führt und schliesslich in Zürich endet. Die junge Frau reist allein. Doch in ihren Gedanken sind die Anderen da: der Geliebte, aber auch die Familie. Diese bestimmt das eine ihrer zwei Leben, das kroatische, das sie bei Familienanlässen und vor allem in den Sommerferien lebte, währen sich das andere hauptsächlich in Zürich abspielt, wohin sie mit ihren Eltern noch als Kind übersiedelte. Das Buch kann dem Genre des Migrationsromans zugerechnet werden. Es handelt von der Doppelexistenz in zwei Sprachen, der ferngerückten Nähe der Grosselternwelt. Das Thema aber, das es einzigartig macht, ist ein noch universelleres: Erbschaft, die Rückbindungen an Vorfahren im engen und weiteren Sinn: «fünf […] Finger gehören mir, die anderen fünf Finger tragen nicht meine Geschichte, das sind die mitgegebenen Geschichten der letzten Generationen, die an meinem Körper kleben, dranhängen, als wären sie vergessen, und doch pochen sie jeden Tag, wandern jeden Tag mit […].»

Diesem Thema geht sie auch in ihrem Essayband Wahrscheinliche Herkünfte nach, der 2024 mit einem Schweizer Literaturpreis ausgezeichnet wurde, poetischen Sachtexten, die kritisch und zugleich behutsam die politischen, aber auch innerfamiliären Lasten umkreisen, welche die nichtverheilten Wunden aus einer kriegerischen Vergangenheit der Gegenwart vererben.

Die Autorin wurde 1986 in Zagreb geboren und wuchs in Zürich auf. Sie studierte Angewandte Theaterwissenschaft, Regie und Szenisches Schreiben und arbeitete danach u.a. als Regisseurin und Dramaturgin an verschiedenen Theatern, so dem Theater Neumarkt in Zürich, dem Schauspielhaus Wien und dem Theater HORA.

In Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Kultur (BAK).