Foto (c): Andreas Krufczik
„Es war Sommer, es roch nach Meer, an dem Abend flanierten Jugendliche mit unstillbarem Begehren am Strand, ich war dreizehn Jahre alt, mein Vater fiel.“ In seinem dritten Roman Vaters Meer erzählt Deniz Utlu von einer Vater-Sohn-Beziehung, die sich aus den Erinnerungen des Heranwachsenden Yunus zusammensetzt. Nach zwei Schlaganfällen ist sein Vater Zeki nahezu vollständig gelähmt – die Diagnose: Locked-in-Syndrom. Nach Jahren unermüdlicher Pflege durch die Mutter stirbt er schließlich.
Deniz Utlu erzählt davon, was es heißt, wenn die vertraute Sprache zwischen Sohn und Vater abrupt wegfällt, der Vater nur noch mit seiner „Augenzunge“ spricht; von der Suche eines Heranwachsenden nach seiner eigenen Männlichkeit, die sich im Schatten der väterlichen Abwesenheit formt; und von dem Versuch eines Erwachsenen, dem verlorenen Vater zwischen Erinnerung, Dokument und Fiktion näherzukommen, bis er ihn im Erzählen findet.
Deniz Utlu, 1983 in Hannover geboren, veröffentlichte die Romane Die Ungehaltenen (2014), Gegen Morgen (2019), Vaters Meer (2023). Seine Arbeit wurde vielfach gewürdigt, etwa mit dem Bayerischen Buchpreis, dem Literaturpreis der LiteraTour Nord, dem Alfred-Döblin-Preis, u.a. Bühnenadaptionen 2015 im Maxim Gorki Theater und 2024 im Schauspiel Hannover. Außerdem veröffentlicht Utlu politische und poetologische Essays. Er lehrte literarisches Schreiben am Deutschen Literaturinstitut Leipzig, am Institut für Sprachkunst in Wien sowie an der UdK in Berlin. Bis 2014 gab er zehn Jahre lang das Kultur- und Gesellschaftsmagazin freitext heraus.
In Zusammenarbeit mit dem Département de langue et littérature allemandes der Universität Genf und dem Verein der Kirchgemeinde St. Boniface.