Société Genevoise d’Études Allemandes

Christoph Geiser (Bern/Berlin) liest aus «Verfehlte Orte»

Foto: (c) Yvonne Böhler.

 

Ein halbes Jahrhundert und zwanzig Bände mit Romanen, Erzählungen, Gedichten und Essays umspannt das 2018 mit dem Großen Literaturpreis von Stadt und Kanton Bern ausgezeichnete Gesamtwerk des in Bern und in Berlin lebenden Autors Christoph Geiser inzwischen. Von den gefeierten frühen Familienromanen Grünsee (1978) und Brachland (1980) über das selbstbefreiende ‚journal intime‘ Wüstenfahrt (1984) und die wunschautobiographischen Künstlerromane um Caravaggio, de Sade oder Piranesi bis hin zu den sprachspielerischen, assoziativ mäandernden Texten Über Wasser (2003) oder Wenn der Mann im Mond erwacht (2008) zeichnet sich sein Schreiben durch eine existentielle Notwendigkeit und unbändige Vitalität aus. Geisers Erzähl- und Fabulierlust manifestiert sich im unablässigen, wahrhaftigen Anschreiben gegen Widerstände, in einer radikalen «Ästhetik des Widerstands» gegen bürgerliche Lebensformen und Lebenslügen, gegen gesellschaftliche Tabus, die Beschneidung der Fantasie, die Einschränkung der Gedankenfreiheit und nicht zuletzt gegen die humorlose und regelgläubige Einhegung der Sprache. Christoph Geisers bis heute quicklebendige Entfesselungsprosa, seine eigenständige „Gegenstimme» zum Mainstream des Betriebs, seine Parteinahme für die Außenseiter und Marginalisierten, zu denen er sich freilich selbst rechnet, sind ein Gewinn für die Schweizer Literatur.

Christoph Geiser wurde 1949 in Basel geboren. Nach einem abgebrochenen Studium der Soziologie war er als Journalist tätig und gründete zusammen mit Werner Schmidli die Literaturzeitschrift drehpunkt. Seit 1978 ist er freiberuflicher Schriftsteller. In Genf wird er aus seinem jüngsten, 2019 bei Secession erschienenen Erzählband Verfehlte Orte lesen.